Diese Geschichte wurde ca. 1916 von dem Pastor Seeler aufgeschrieben.

Vor 300 Jahren ?  Welche Bauern bestellten damals den feuchten Boden der Elbmarsch hinter dem schützenden Elbdeich, und wie sah es damals in dem Elbdorf Hohnstorf aus?

Der Bauer hat an sich wenig Sinn für die Vergangenheit seines Hauses und Hofes; er ist ein Mensch der Gegenwart und der Zukunft. Das liegt wohl begründet in dem Wesen seines Berufes, der immer wechselt zwischen Saat und Ernte. Erst in neuester Zeit, dank der Schaffung des Erbhofrechtes, wurde auch der Blick des Bauern auf die Vergangenheit seines Geschlechtes und Dorfes gerichtet. Was ihn bislang vielfach unbekümmert ließ, hat mit einem Male sein Interesse und seine Liebe gewonnen. Seitdem hat denn auch auf dem flachen Lande eine rege Familienforschung eingesetzt. Der Bauer fängt an zu fragen: Wie viel Jahre sitzt deine Familie schon auf dem Hofe? Wie viel Geschlechter deines Blutes bestellten schon vor dir den selben Acker? Die Vergangenheit wird so lebendig und gewinnt an Bedeutung für die Gegenwart. In den alten Kirchenbüchern blättert man zurück, um die Vergangenheit seiner Familie festzustellen, und versucht , so tief wie möglich in die vergangenen Zeiten zurückzukommen. Die Kirchenregister unserer Gegend gehen nun im Allgemeinen nicht weiter als bis zum Jahre 1700 zurück. Für die bäuerliche Familienforschung wie für die Geschichte unserer Dörfer haben wir aber in alten Steuer- und Abgabenverzeichnissen weiter zurückgehende und auch zuverlässige Hilfsquellen. Ein derartiges Buch haben wir Lauenburger nun in dem „Ampt und Landtbuch zur Lowenburgt, Anno 1018“. Dies Buch verdankt seine Entstehung der sorgsamen und gerechten Herrschaft des Lauenburger Herzogs, Franz II., der eines jeden Untertanen Besitz genau feststellen ließ, um danach die Abgabenhöhe und die Steuerpflicht gerecht festsetzen zu können. So wurden denn alle, die Land und Haus hatten, in diesem Lauenburger Landbuch namentlich verzeichnet.
Damals gehörte (1618) mit vielen anderen Dörfern südlich der Elbe auch Hohnstorf zum Lauenburger Gebiet. Als im Jahre 1816 Lauenburg zu Dänemark kam, blieb der südlich gelegene Teil bei Hannover. Dies waren folgende Ortschaften: Die Obermarschvogtei mit dem Pfarrdorf Hittbergen, dem Vorwerke Rethscheuer und den drei Dörfern Barförde, Sassendorf und Hohnstorf, die Untermarschvogtei mit der Pfarre zu Artlenburg, dem Vorwerk Marienthal und den Dörfern Avendorf und Tespe. Ferner: Das Gericht Lüdersburg mit dem Pfarrdorfe Lüdersburg, den Dörfern Jürgensdorf und Bockelkathen, den Vorwerken Ahrenschulter und Grevenhorn, einer Schäferei und Ramshorn. Das Gericht Obermarschacht mit dem Dorfe gleichen Namens. (Siehe Robbe, Teil 3.)
Die südliche Grenze Dänemarks lag mitten in der Elbe und trennte Hohnstorf von der Stadt Lauenburg. Aber die alten Beziehungen von hüben nach drüben blieben trotzdem weiter bestehen. Mit der dänischen Hoheitsgrenze nahm man es nicht immer allzu genau und ängstlich. Man sagt, daß Hohnstorfer Bauern unter ihrem Zylinder manche verzollbare Ware unverzollt mit über die Elbe nach Hohnstorf mitnahmen. Es war ja auch ein Unding, dass man ferndeutsches Gebiet wie Lauenburg, das doch so tapfer mitgekämpft hatte für die Freiheit unseres Volkes, einfach von seiner Heimat losriß und einem fremden Volke und Staate einverleibte. Gott sei Dank hat die Geschichte im vorigen Jahrhundert diese Ungerechtigkeit wieder gut gemacht.
Aus dem Amt- und Landbuch von 1618 entnehme ich nun einzelne Aufzeichnungen über das Dorf Hohnstorf. Diese geschichtlichen Berichte sind auch typisch für alle anderen lauenburgischen Dörfer nördlich der Elbe.
Nach den Niederschriften des Landbuches hatte Hohnstorf 26 Hofstellen, die genau mit den Namen ihrer damaligen Besitzer, ihrer Größe und ihren Abgabenpflichten aufgezeichnet sind.

Die Bauern und ihre Höfe:

  1. Heinrich Kruse, Bawermeister. Hatt 1 ¼ (1705 Jacob Gerstenkorn, Hans Worthmann, 1752 Hans August Basedau.)
  2. Hans Chops. Hatt 1 ½ Huefe. (Jürgen Chops, David Fehling, Jürgen Kops, Hans Hennis Dierks, Joh. Hinrich Dierks.)
  3. Carsten Gödche. Hatt 1 Huefe. (1694 Claus Gödtke, Hinrich Gödecke, Jakob Gödecke.)
  4. Jochimb Varendorff. Hatt 1 ¼ Huefe. (1694 Johann Maschmann, 1713 Johann Maschmann, Claus Maschmann.)
  5. Claus Born. Hatt ½ Huefe (wüst)
  6. Marten Make. Hatt ½ Huefe. (1714 Jürgen Hinrich? hat diese wüste Stelle bebaut. Franz Make, Christian Maneke, Christoph Schultz, 1756 Friedrich Dochtermann.)
  7. Claus Schoff. Hatt 1 ¾ Huefe. (1694 Carsten Junge, Peter Junge.)
  8. Thias Krüger. Hatt 1 ¾ Huefe.
  9. Jakob Worthmann. Hatt 1 ¾ Huefe. (1618 itzo dessen Sohn auch Jakob Worthmann, 1694 Jochim Worthmann, Johann Worthmann.)
  10. Claus Bumann. Hatt 1 ½ Huefe. (Jakob Bumann, Claus Bumann, Claus Junge, durch Einheirat der Elisabeth Bumann, 1693.)
  11. Jürgen Finemann. Hatt ¼ Huefe. (1694 Hans Baumann, Claus Koop, Hans Koop, Claus Koop.)
  12. Jochimb Fieke. Hatt ¼ Huefe.
  13. Eggert Unrow. Hatt ¼ Huefe. (1694 Michei Pemöller, Hans Hinrich Pehmöller, Hans Pehmöller, Hans Pemöller.)
  14. Hans Pelzer. Hatt ¼ Huefe.
  15. Carsten Make. Hatt 1 Huefe. (1694 jetzt Wilhelm Maschmann, 1705 Hinrich Scheel, Hans Maschmann, Hans Jakob Maschmann, Jakob Römes, Claus Gerstenkorn.)
  16. Henning Rörhop. Hatt 1 ½ Huefe. (1694 jetzt Peter Röhrhop, Jürgen Röhrhop, itz Peter Jürgen Röhrhoop.)
  17. Curdt Vogelsang. Hatt ½ Huefe. (1694 Harm. Baumann, Frantz Dammann, Frantz Jakop Dammann, 1755 Höltig.)
  18. Marten Fieke. Hatt 1 Huefe.
  19. Carsten Make. Hatt ¼ Huefe.

Die Kötener:

  1. Hans Beckmann. (Krusse, 1694 Claus Kruse, Hans Kruse.)
  2. Klaus Oldtmann. (Just. Bullmann, Claus Oltmann, Johann Oltmann, Claus Oltmann.)
  3. Jasper Strochow. (Zetz Hans Kops, 1694 Jochim Oltmann hat Cops tochter geheiratet, Claus Jochen Oldmann.)
  4. Claus Harms. (Jakob Harms, 1693 Claus Harms, Harm. Pantz, Jakob Hinrich Pantz.)
  5. Peter Beckmann.
  6. Claus Steffens.
  7. Claus Schooff.

Das Dorf Hohnstorf hatte um 1618 also 10 Vollhufner, 4 Halbhufner, 5 Viertelhufner und 7 Kötner. Die in Klammern stehenden Namen geben immer die nachfolgenden Besitzer an, die durch Erbschaft, Kauf oder auch Einheirat den Hof übernahmen. Sobald der Besitzer eines Hofes wechselte, schrieb der herzogliche Schreiber den Namen des neuen darunter, leider wurde nicht immer die Jahreszahl des Wechsels vermerkt.

Die Lasten und Abgaben der Bauern.

Die übliche Abgabe für einen Vollhufner an Naturalien und an Geld war im Lauenburgischen die folgende:

„Gib Jehrlich einen Koninges Pfenning aufm abendt. Trium regium (Heilige Drei Könige). 1 Thaler 27 Schilling Pacht uf Michaelis. 5 Thaler 16 Schilling Ablage ruf Ostern. 15 Schilling Ochsengeld uf Johannis. 1 Schwein, 1 Gans, 4 Hofhuener, 1 Rauchhuen, 20 Eyer, 4 Scheffel Rinderhaberen, 1 Pfund Flachs, 1 Pfund Flachs oder Hede, spinnet er.“

Erläuternd sei zu diesen Abgaben noch gesagt: Unter Ablager ist die Steuer zu verstehen, die von den Bauern bezahlt werden mußte, um die Kosten zu decken, die dadurch entstanden, wenn der Herzog in einem Orte Quatier bezog. In älteren Zeiten hatte der Bauer für diese herzoglichen Quatiere Naturalien abgeben müssen, später aber wurde diese Lieferung in Geld umgelegt. Ein Hofhuhn war die Abgabe für jede Hofstätte, die der Untertane innehatte, das Rauchhuhn mußte für jede Rauchstätte auf dem Hofe abgegeben werden. Auch das Ochsengeld mußte der Hohnstorfer Bauer einst bezahlen, das ja für die Bewirtung des Herzogs auf dem Glüsinger Johannismarkt nötig war. Außer diesen Naturallasten wird auch wiederholt angegeben: „Gibt die zehende Hocke von aller saht.“

Der Bauer war damals noch Leibeigener seines Herzogs. So waren denn auch die Bauern in Hohnstorf in vergangenen Zeiten dem Herzogshof zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet. Der Bauermeister, Heinrich Kruse, war zu folgendem Dienst verpflichtet: „Dienet mit einem Pferde vor den wagen, wann fürstliche Gnaden die weiten Reisen thut gleich anderen Bawernmeistern in der Marsch.“

Die übliche Dienstleistung eines Leibeigenen war folgende: „Dienset vor ein huefen mit dem Pflueg, und jede Woche 3 Tage mit der Handt, des Sommers mit der Sonnenaufgangk an, des abendts umb 6 Uhr abe, und thut die Lüneburger Reise.“

Auch zu Schifferdiensten war der Hohnstorfer verpflichtet. So heißt es z.B.: „Undt thut zu Wasser die Darchauer Reisen.“ Wo der Untertane Wagen und Pferde nicht besaß, da leistete er nur Handdienste: „Dienset in der Arndte (Ernte) mit der Harke und Sense.“

Die Kriegsdienste der Hohnstorfer Bauern

Wenn auch im Jahre 1618 noch nicht die allgemeine Dienstpflicht bestand, so war der seßhafte Bauer doch zum Kriegsdienst verpflichtet. Wie aus dem Handbuch zu entnehmen ist, mußte in bestimmten Bauernhäusern von Hohnstorf eine vollständige Ausrüstung bereitgehalten werden. Ebenfalls mußte ein Pferd für den Kriegsdienst gestellt werden. Mit Stolz mag der Bauernsohn seine blanke Rüstung bei passender Gelegenheit gezeigt haben., die wohlverwahrt im Schrank des Hauses bereit hing für den Fall, daß der Herzog zu den Waffen rief. Da der Bauer die Rüstung selbst kaufen mußte, erhilet er dafür vom Herzog eine Entschädigung in Form eines Baumstammes. In dem Land- und Amtbuch lautete die kriegsdienstliche Verpflichtung für Hohnstorf folgendermaßen: „Die Hohnstorfer, so allbie laut der Reuterrolle vorzeichnet hat ein jeder einen Baum zur Musterunge empfangen, eine Reuterrüstung zu keuffen, und soll ein jeder auf erfoderunge in Notfällen, mit einem reisigen Pferde, Rüstunge, Büchsen und anderen dazu gehörigen Sachen, die fertig sein (müssen), erscheinen. Die Zeuge und Rüstungen bleiben erblichen bey den Hauserben.“

Es haben zu stellen an Pferden: Hans Chops 1; Carsten Gödtche 1; Jochimb Varendorf 1; Clawes Born 1; Marten Make 1; Thias Krüger 1; Jakob Wortmann 1; Jürgen Finemann 1: Hans Peltzer 1: Carsten Make 2 (darunter 1 wegen der Kate); Henning Rorhop 1; Curst Vogelsangt 1; Heinrich Fieke 1.

Das Dorf Hohnstorf hatte demnach im Falle eines Krieges im ganzen 17 Pferde zu stellen.

Wie mancher Name von einst, der hier genannt wird, begegnet uns heute noch in Hohnstorf, wie Wortmann, Dierks, Kruse, Junge, Röhrup und vielleicht noch andere mehr. Das sind die Familien, die über 300 Jahre schon in diesem Elbdorf seßhaft sind, und darauf können sie mit Recht stolz sein. Möge diese kleine Dorfgeschichte dazu dienen, bei allen den Sinn für die Vergangenheit ihres Hofes und ihrer Familie zu wecken. Möge der Blick in die Vergangenheit all den Langeingesessenen auch zeigen, daß sie die Pflicht haben, das jahrhunderte alte Erbe ihrer Väter treu, in Sparsamkeit und Fleiß, ihren weiteren Nachkommen zu überliefern.

Wie Saat und Ernte, Arbeit und Ruhe immer abwechseln im Leben des Bauern, so wechseln in unserem Lebensgang und in der Geschichte gute und schlechte Zeiten. Doch Fleiß, Einfachheit, unbeugsamer und frommer Sinn sind immer die besten Waffen im Wechsel des Lebens. Mag das Leben wechselvoll sein, bleiben wir doch im Kerne dieselben.

Diesen Bericht stellte uns Johannes Diercks zur Verfügung.
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