ZUR GESCHICHTE DER FISCHEREI-GENOSSENSCHAFT HOHNSTORF

Ein Auszug aus der Dorfchronik – Aufgestellt vom Chronisten, Lehrer Alfred Meyer.

Am 8.5.1597 hat der Herzog Franz von Sachsen, Engern, West­falen usw. dem damaligen Fischeramte Lauenburg – Hohnstorf eine Fischerrolle ausgestellt. Dieses Fischeramt war die Vorläuferin der späteren Fischereigenossenschaft Hohnstorf.

Vermutlich in den Wirren des 30jährigen Krieges ging die Fischerrolle verloren. Denn am 1.5.1641 stellte Herzog Augustus von Sachsen, Engern und Westfalen eine neue Fischerrolle aus und übergab sie den Hohnstorfer Fischern Johann Marbs und Klaus Harms (Erbauer des Hauses Peter Redecker – heute Gerhard Ahlers). Diese beiden Fischer hatte er zu Vorstehern oder Ältersleuten bestimmt.

Auch diese Urkunde ist leider nicht mehr vorhanden. Erst die Fischerrolle aus dem Jahre 1674, unterschrieben von Herzog Julius Franz von Sachsen, Engern und Westfalen, ist erhalten und wurde in der Lade der Fischereigenossenschaft aufbewahrt. Sie enthält 23 Paragraphen.

Als 1704 das Herzogtum Sachsen – Lauenburg an den Kurfürsten von Hannover kam, bestätigte er die Fischerrolle. Es liegen auch Bestätigungen seiner Nachfolger vor.

Schon am 9. Januarius 1671 fingen die Fischer an, über ihre dienstlichen Verhandlungen ein Protokoll zu führen. Die Niederschriften werden in einem Buche mit Schweinsledereinband aufbewahrt. Das Protokollbuch wurde bis zum 11.Januar 1869 unentwegt fortgeführt, hatte seinen ständigen Platz in der Fischerlade und bietet eine sichere Unterlage für die Familiengeschichten der Fischer.

Die Fischereiberechtigung ging damals wie heute von Kilometerstein 762,1 bei Barförde bis 783,1 bei Obermarschacht. Der jährliche Pachtzins, er stieg im Laufe der Zeit von 100 auf 171 Reichstaler, wurde an den herzoglichen Großvogt in Lauenburg gezahlt, später an das Amt Artlenburg.

Stets hat es im Laufe der Jahrhunderte 20 Fischer gegeben, von denen zur Zeit des Fischeramtes 10 in Hohnstorf und 10 in Lauenburg wohnten. Jeder Partei gehörte eigentlich die Berechtigung nur bis zur Mitte des Stromes. Sie haben aber stets zusammen gefischt. Daher spielte.die Grenze keine Rolle. Auf dem Hohnstorfer Fischerzug, am ehemaligen Badestrand, hatten sie eine kleine Fischerhütte.zum Aufenthalte in den Ruhepausen. Dazu mußte der Großvogt in Lauenburg unentgeltlich das Holz liefern. Im Laufe der Zeit bauten sich viele Fischer eine kleine Hütte in die,Nähe des Fischerzuges. Allmählich· wurden sie durch An- und Umbau zu Wohnhäusern erweitert.

Bei den Aufräumungsarbeiten eines abgebrannten Fischerhauses (Besitzer Heinrich Sinn) stieß man 1928 im Untergrund auf 2 alte Lehmdielen. Folglich lagen die Fischerhütten einst tiefer als heute die Fischerhäuser. Karrenweise haben die Fischer den Sandberg erhöht, auf dem heute ihre Häuser stehen.

Laut Fischerrolle waren die Fische verpflichtet, jeden Wintermorgen von 8 bis 10 und im Sommer von 7 bis 8 ihre Fische auf dem Markt in Lauenburg feilzubieten, damit nicht etwa nur die „befreundeten Familien mit Speise versorgt“ würden. Nach dieser Zeit konnten die Fischerfrauen von Haus zu Haus ziehen, vorausgesetzt, daß auch der herzogliche Großvogt, dito Beamten und Diener mit Fischen versorgt waren.

Der herzoglichen Küche hatten die Fischer je nach der Fangzeit eine gewisse Menge Lachse, Neunaugen, Quappen, Schneepel usw. zu liefern. Von einer Bezahlung künden die.Akten nichts. Lediglich für jeden Stör gab es 16 Schilling 6 Pfennig. Außerdem erhielt der Bringer ein „Stück Essen und eine Kanne Bier“, bei Ablehnung desselben noch „6 Schilling extra“.

Ganz und gar war es verboten, die Fische auf der Elbe an Händler zu verkaufen.

Dem herzoglichen Großvogt oblag die Beaufsichtigung der Fischer. Er nahm nicht nur den Pachtzins entgegen, er bestimmte auch den Zeitpunkt der großen Neujahrsversammlung. Die Ältersleute luden in seinem Auftrage dazu ein. Wer nicht erschien, mußte eine Tonne Hamburger-Bier an die herzogliche Küche liefern, 3 Reichstaler an die herzogliche

Kasse und 1 1/2 Reichstaler an das Fischeramt zahlen. Außerdem hatte er sich des Stromes und der Fischerei bis zur ferneren Erkenntnis zu enthalten.

Die Fischerrolle gedachte bei vielen Anlässen auch des Lauenburger St.Annastiftes. Ein neuer Fischer hatte ihm bei seinem Eintritt einen Reichstaler zu zahlen. Wer es wagte, am Heiligen Abend zu fischen, dem wurde die Beute abgenommen und dem Stifte geschenkt.

Im 19. Jahrhundert zogen sich die Lauenburger vom Fischfang zurück und widmeten sich mehr und mehr der Schiffahrt. Sie traten ihre Pachtung an die Hohnstorfer ab. Die Versammlungen wurden nun nicht mehr bei Gastwirt Möller in Lauenburg sondern bei Gastwirt Schoof in Hohnstorf (heute Schlachterei Meyer) abgehalten. Auch die Fischerlade wurde an diesen Ort gebracht.

1892 bot die Regierung in Hannover die diesseitige Fischereiberechtigung bis zur Mitte des Stromes·zum Kaufe unter der Bedingung an, daß eine Fischereigenossenschaft gebildet würde. Sie gründeten schnell die verlangte Genossenschaft „behufs gemeinschaftlicher Maßregeln zum Schutze des Fischbestandes, sowie behufs gemeinschaftlicher-Maßregeln, Bewirtschaftung und Benutzung des Fischgewässers“ und kauften die hannoversche Fischereiberechtigung auf der linken Elbseite.

1894 folgte die lauenburgische Verwaltung mit demselben Angebote. Dabei trat die Stadt Lauenburg als Zwischenkäufer auf und erneuerte in den Kaufbedingungen die Verpflichtung der Hohnstorfer Fischer zum Feilbieten ihrer Fänge auf dem Lauenburger Markt.

Nach der Umwandlung in eine Genossenschaft trat an die Stelle der Ältersleute der selbstgewählte Vorstand, nach 1933 der Genossenschaftsführer.

Zum Fischen waren die Fischer in Gespanne zu 4 eingeteilt. Vier Fischer wiederum bildeten Einzelgespanne zu 2 Mann. Diese Gespanne fischten gemeinsam mit Treib- und Zugnetzen. Den Erlös teilten sie sich. Die Netze wurden gemeinsam zusammengestellt. Jeder hatte einen bestimmten Teil fertig zu liefern. Bei Hecht- und Aalfang trennten sie sich. Die Plätze zum Aufstellen der Körbe wurden im zeitigen Frühling ausgesucht nach eigener Wahl unter dem Motto „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Den ausgesuchten Platz kennzeichnete jeder durch Pfähle mit besonderen Kennzeichen oder durch Netze. Im Sommer und Herbst fischten täglich 10 Mann. In diesen genannten Zeiten fingen sie hauptsächlich Lachse oder Quappen. Der Erlös des Quappenfanges galt als Winterbrot. Den aufziehenden Aal im Frühjahr fingen sie in Weidenkörben und den zur See abstrebenden großen Aal in Hamen.

Die gefangenen Lachse wurden jeden Abend auf der Scheunendiele des Fischers Heinrich Sinn unter den Fischern versteigert. Der Käufer schickte sie dann auf seine Rechnung  an die Fischhändler in Hamburg oder Lüneburg. Händler erwarben die Quappen und lieferten sie nach Berlin. Dazu hatten sie besonders eingerichtete Fahrzeuge, auf denen sie die Quappen lebend nach Berlin brachten.

Den zur See abwandernden großen Aal, oft armdick und mehrere Pfund wiegend, fing man in den Hamen zwischen 2 in der Elbe liegenden Sandbänken. Der starke Strom zwischen den Sandbänken trieb die Aale in die Hamen.

In den letzten Jahrzehnten ging der Fischfang kontinuierlich zurück. Durch den Neubau von Buhnen und die Verlängerung der schon vorhandenen wurde das Flußbett verengt, die Strömung vergrößert und die Sandbänke fortgerissen. Mit dem Verschwinden der Sandbänke ließ der Aalfang ganz erheblich nach. Die Verschmutzung der Elbe durch die Motorschiffe, durch die Abwässer der Fabriken und Städte trugen stark zum Rückgang des Fischbestandes bei. Nicht verschwiegen aber soll werden, daß die Fischer durch den Hamenfang Raubbau getrieben haben. Der starke Strom trieb nicht nur den gesuchten Aal hinein, sondern auch die anderen Fische, groß und klein. Letztere aber bildeten die Nachzucht.

Das alles führte dazu, daß bald nur noch 6 Fischer den Fischfang als Hauptberuf betrieben und sich kümmerlich davon ernährten. Die Elbstrombauverwaltung hat die Fischer als Strombauarbeiter aufgenommen. Eine Umsiedlung in fischreichere Gegenden haben sie abgelehnt. Die Fischereige­nossenschaft wollte ihre Fischereirechte wieder an den Vater Staat verkaufen. Verhandelt wurde genug, zu einem Abschluß ist es aber bis heute noch nicht gekommen. Im Jahre 1960 gab es in Hohnstorf noch 3 Fischer, 1981 nur noch einen. Hohnstorf war einmal ein Fischerdorf.

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